Ich habe diesen Thread gesehen und gelesen, als er ganz aktuell war. Da hatte ich meinen Führerschein selbst erst ein paar Wochen und wollte mir erst mal ein eigenes Urteil bilden, bevor ich meinen Senf dazu gebe.
Meine Voraussetzungen:
- Ich habe meinen Bikeschein seit dem 20.5.2009 - also etwa 12 Wochen.
- Ich bin damit ein ganz blutiger Motorrad-Anfänger!
- Ich bin 43 Jahre alt, knapp 100kg, 180cm.
- Ich fahre seit knapp 20 Jahren Autos, die über 200 km/h schnell sind.
- Ich bin es gewöhnt mit Autos schnell zu beschleunigen und fahre diese auch häufig bis zur Höchstgeschwindigkeit aus, wenn es der Verkehr erlaubt...
Ich hatte mir zum Einstieg als Biker von einem Freund eine alte Yamaha XT-350 für ganz kleines Geld gekauft.
Noch bevor ich den Schein hatte, habe ich mich auf eine ST 955i gesetzt und diese dann ohne Probefahrt spontan gekauft. (27000 km, Bj 2001, erster Hand, €3.990,-) Ich fand die Maschine einfach nur schön und dachte mir dass ich da bestimmt nichts falsch machen kann. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich gar nicht, was ich da eigentlich gekauft habe. Mein "Bauch" hat spontan zugeschlagen ...
Mit der XT-350 bin ich in Summe etwa 700km gefahren. Meine ST 955i hat jetzt etwa 10.000km mehr auf dem Tacho als beim Kauf. Das sind 10.000km in den vergangenen etwa 12 Wochen, in denen ich meinen Bikeschein habe.
Ich bin vielleicht nicht der typische Einsteiger, aber für mich ist die ST das ideale Motorrad - sie könnte vielleicht Kardan haben ...
Mit der XT (27 PS, wackelig, schlechte Bremsen - ein Fahrrad!) konnte ich ganz schnell nichts mehr anfangen. Warum sollen Anfänger erst mal 2 Jahre mit sowas "gequält" werden, wenn es nicht wirklich sein muss?
Ich gebe zu, dass ich erst mal Muskelkater von der ST bekommen habe - "Der Schmerz war mein Freund" ... im Rücken und in den Schultern und ...
Ich musste auch lernen, sie zu manöverieren (ohne Motor sind knappe 250kg "Lebendgewicht" ein Wort) ...
Ich war auch bei Kurven schon mal an der Bremse und habe gelernt, das es bessere Ideen gibt ... ... wie beispielsweise "vorher ausreichend gebremst haben" ...
Ich habe mit der ST vermutlich all das gelernt, was jeder Anfänger auch mit jedem anderen Bike lernt. Nur hat es mir bestimmt viel mehr Spaß gemacht ...
In der Fahrschule hatte ich eine Yamaha, eine 600er Fazer von 98 auf (nur) 78 PS gedrosselt. Das Ding war wirklich viel, viel schwieriger zu fahren und gefährlicher war sie auch! Die Leistung kam ab etwa 6000 Touren überraschend hart und für mich als Anfänger nicht kontrollierbar. Schon beim ganz leichten Dreh am Gashahn "sprang" das Ding aus dem Stand vorwärts. Viel schwieriger zu dosieren als mein geliebter Triple. Die Bremsen waren nicht halb so gut wie bei der ST. Die Gabel noch viel weicher. Das Licht entsprach "Kerzenschein" (Übertreibung macht anschaulich) ...
Meine Sprint ist jederzeit kontrollierbar - sie "überrascht" nicht!
Sie (über)fordert nicht. Die Leistung kommt linear. Die Bremsen gleichen manchen Fehler aus. Das Licht ist eine Klasse für sich - da ist manches Auto schlechter.
Das Fahrwerk ist besser als der Fahrer (Ich) - das gibt Sicherheit.
OK - Ich habe das Modell mit (nur) 98PS. Das war bisher auch ganz gut so. Mehr wäre nicht "leichter" oder "besser" gewesen. Respekt und Ausgeglichenheit sind die Schlüsselworte, das das Überleben sichern.
Ich bin inzwischen auch mal für ein paar Stunden die neue 1050er ST gefahren. Die ist etwas spontaner, und auch etwas "rabiater in der Beschleunigung" als meine 955i - Kunststück bei etwa 30PS / 30% Zusatzleistung. Das Fahrwerk ist noch besser ... eigentlich kann sie alles etwas besser als die 955i. Das schadet auch einem Anfänger nicht.
Auch die 1050er ST mit 126PS ist nach kurzer Eingewöhnung mit dem nötigen Repekt gut beherrschbar - auch für mich als Anfänger. Vielleicht nicht im ersten Monat ... aber im zweiten Monat m.B. (mit Bikeschein) ging's schon ganz gut ...
Als Anfänger darf man natürlich nicht an die Grenzen der Maschine gehen ... nur langsam und schrittweise an die eigenen ... Das ist aber keine ST-spezifische Erkenntnis.
Mein Alter und ein gewisses Maß an "Gelassenheit" sowie ein gerütteltes Maß an Erfahrung im Straßenverkehr helfen natürlich auch beim "beherrschen lernen". Heißspornen ohne Respekt sei grundsätzlich das Auto empfohlen - da gibt es Knautschzonen ...
Ohne Erfahrung im Strassenverkehr als totaler Fahranfänger gehen die 98 Pferde ja ohnehin nicht aus dem Stall. - Da gibt es begründete Gesetze, die max. 34PS vorschreiben.
Ich bin bisher mit meiner Lady sehr glücklich und genieße das gute Gefühl, dass sie bestimmt all das kann und ohne Probleme tut, was ich mich traue. Nebenbei ist sie auch praktischer Packesel für die Tour und sieht auch noch gut aus!
So muß ein Einsteiger-Motorrad für mich sein!
Ich kann also nur den Rat auf der Basis meiner Erfahrung geben: Einfach kaufen und erst dann drüber nachdenken!
Für mich war das genau richtig. Wenn ich hier erst gelesen hätte, dann hätte ich ja vielleicht "vernünftiger gehandelt" und einen RIESENFEHLER gemacht!
Gruß, Andreas