Frankenwald - Landgasthof Haueis

  • Tourenfahrer-Partnerhaus „Landgasthof Haueis

    Der telefonische Kontakt zur Buchung war knapp, aber freundlich. Fränkisch halt.
    Die Anfahrt von der A9 (München – Berlin) nach Marktleugast ist ungestört und panoramaschwanger. Das kann man nicht anders ausdrücken. Kein Verkehr und Gegend ohne Ende. Sehr viel Gegend.

    Marktleugast ist nun nur ein kleiner Flecken und hat man den Ort erreicht, zeigt das Navi noch 2,8 Kilometer Entfernung bis zum Ziel. Das macht etwas unruhig. Na, Schaumermal! Es geht wieder aus dem Ort hinaus und in den finsteren Wald. Schaumermal! Bei Restmeter 100 öffnet sich das Laubdickicht und ein Flecken mit ca. 10 Häusern tut sich auf. Das ist Hermes. Gleichlautend mit dem Namen des Götterboten stellt sich heraus, dass mit Hermes nicht die Straße, sondern der ganze Ort gemeint ist. Da gibt es keine Straßennamen. Nur Hermes 1. Basta. Das ist das Landgasthaus Haueis.

    Wir rollen auf einen großen Hof, vom Hotel und verschiedenen Wirtschaftsgebäuden umschlossen. Die Rezeption von der Größe eines Beichtstuhls ist nicht besetzt. Nun, es ist ein Landgasthaus.

    In der Gaststube ist man (am Samstagabend) mit der Vorbereitung einer Feierlichkeit für um die 40 Personen beschäftigt. Trotzdem werden wir nett empfangen und fränkisch kurz eingewiesen.

    Unser Zimmer hat Patina, die Möbel knarren und der Treppenaufstieg in den zweiten Stock ist nicht regelkonform zu bewältigen. Am Fuße der Treppe hängt nämlich ein Schild: Bitte langsam und leise auf- und absteigen (oder so ähnlich). Die Treppe schluchzt beim Betreten atemberaubend und der Hinweis auf langsames Gehen ist berechtigt, zumal mit Gepäck. Diese Treppe hat vermutlich Napoleon schon ausgetreten vorgefunden. Der Zentralflur im zweiten Stock bietet ein historisches Bauernbett als Ausstellungsstück. Man möchte hinein sinken, nachdem man die 40 Kilo schwere Packtasche dort hinauf geschleppt hat.

    Unser Zimmer Nr. 8 befindet sich links neben dem Schau-Bett. Wir betreten einen Vorraum, rechts Dachschräge. Geradezu das Bad und dann links das Zimmer. Solche Betten kenne ich von meinen Großeltern, die selbige von ihren Großeltern geerbt hatten. Ein Tisch, zwei! große, neugepolsterte Ohrensessel, Platz ohne Ende und, fast stört er das Ambiente, ein Fernseher.

    Einfach Klasse! Es gibt hier angeschlagene Ecken, im Bad wackelt der der Duschhalter, der Klodeckel verrutscht beim arbeiten, die Dachfenster sind ein wenig trübe, das Wasser aus dem Hahn muss gelockt werden. Einfach Klasse!

    Unten im Hof treffe ich einen Schnurrbart mit einem Mann dran. Als ich ihn frage, ob er hier „zuständig“ sei, antwortet er: „kommt drauf an, für was“. Eine wahrhaft juristische Antwort.

    Es ist der Chef persönlich und er zeigt mir, wie mittels einer hölzernen Obstbaumstütze das Garagentor gesichert werden kann, welches den Zugang zum ehemaligen Kuhstall erlaubt. Neben einer (möglicherweise ausgedienten) Rinderschlachtwanne (Volumen ca. 800/1000 Liter) parkt die 955ier. Der Boden ist unterschiedlich weich, ein Plättchen aber braucht man nicht.

    Einfach Klasse! Es sind mehrere Garagentore nebeneinander, die alle den gleichen Raum öffnen. Unterdacht finden so bestimmt 50 Motorräder ein trockenes Plätzchen und auf dem Hof weitere 80, wenn es drauf ankommt.

    Ein idyllischer Biergarten lässt das Bikerherz hochschlagen und die vom Gas geben geschwächte rechte Hand kann die dicke Speisenkarte kaum halten.

    Ich meine das wirklich ernst. Dieser Gasthof reduziert das Angebot zunächst auf das Erforderliche ohne Schnörkel. Gleichwohl treten bei genauerem Hinsehen eine Vielzahl von attraktiven Eigenschaften zu Tage, die man schon nach wenigen Stunden nicht missen möchte. In diesem Haus wurde und wird gelebt, seit Jahrhunderten, wie die homepage verspricht. Das spürt man.

    Nun zur Küche:

    Auszug aus der Speisenkarte:

    Leberspätzlesuppe 2,50 €
    Schwäbische Flädlesuppe (in Franken!) 2,50 €
    Wildschweinrückenfilet, leicht rosa, Balsamico/Sauerkirschsauce, Herzoginkartoffeln 17,65 €
    Rehbraten mit Klößen und Blaukraut und Preisselbeerorange 11,45 €
    Hermeser Wildererschmaus, Junghirsch in weinrahmiger Sauce mit Mandeln und Blaukraut und Klößen 8,65 €
    Barbarieentenbrust mit Klößen und Blaukraut 9,85 €
    Jägerbraten, saftiger Schweinenackenbraten mit rahmiger Champignonsauce, Klößen und Salat 7,50 €
    Hausgemachte linksgerollte Rindsroulade vom Angusrind (gefüllt, wie es sich gehört) mit Klößen und Salat 9,85 €
    Hermeser Käseschnitzel (vegetarisch), mit bayerischem Käse mit Vollwertsemmelbröseln, Salatvariationen 7,50 €

    Noch Fragen?

    Gundi bestellte gebackene Forelle und war absolut begeistert. Ich gönnte mir zur Ouvertüre ein Blätterteigtürmchen mit frischen Rahmpfifferlingen, folgend eine Schweinshaxe, gekocht und hernach mit Bröseln kurz frittiert. Ein Gedicht! Es gibt dafür nur einen Terminus: Gaumensex!

    Gundis Nachtisch, eine Waffelcreation mit allem PiPaPo, haben wir versäumt zu fotografieren. Keine Zeit vor Essenslust.

    Zusammenfassung:

    Dieser Landgasthof Haueis ist der Geheimtipp schlechthin. Ein Traum aus Erinnerungen aus den 70ern, ohne den verflixten Anspruch zur Moderne. Hier braucht man kein Handy oder W-Lan. Hier knarren die Betten und man freut sich für den Zimmernachbarn, wenn sich das Bett rhythmisch bewegt hat, nachts um drei. Man zwinkert sich über den frischen Brötchen am Morgen zu. Wohlfühlen und totale Ruhe sind angesagt.

    Der Schnurrbart ist ein Pfundstyp. Das konnte ich nach 10 Wörtern erkennen. Ich freue mich darauf, mal künftig mehr als 5 Worte mit ihm zu wechseln.
    56.- € für das DZ mit Frühstück fanden wir fast peinlich gering.

    Und der Landgasthof Haueis liegt im Grunde sehr zentral, weil das Frankenland und die angrenzende Tschechei eine Unmenge an Touren provozieren.

    Wir bewerten den Landgasthof Haueis mit dem Prädikat: besonders empfehlenswert

    Grüßle
    Uwe