Hallo SPRINTer,
im Februar habe ich eine GT erworben und angedroht, dass ich hier meine ersten Erfahrungen in chronologischer Form darlege. Nun ist es so weit. Aber seid gewarnt: es zieht sich.
Vorher ein paar Worte wie ich zur GT gekommen bin:
Die letzten 40.000 km habe ich auf einer R1100S abgerissen und davor hat man mir eine VFR800 unterm Hintern weggeschossen. Mit beiden Teilen kam ich gut klar, wollte jetzt aber auch mal ein anderes, tourentauglicheres Mopped mit einer halbwegs sportlichen Sitzposition fahren, möglichst mit Koffern. Der Sozia sollte dieses Gerät ebenfalls entgegenkommen. Schon längere Zeit suchte ich nach einer Alternative und hatte mehrere Modelle diverser Hersteller in Erwägung gezogen, wovon letztendlich zwei, die VFR 1200 sowie die Sprint ST, die ich jeweils auch zur Probe gefahren habe, in die engere Wahl kamen. Die 173 PS der technisch feinen und auch ergonomisch sehr ansprechenden VFR kamen mir jedoch nicht entgegen (oben raus zu viel und untenrum zu wenig). Der Motor der 12er Bandit wäre schon eher was, leider ist das Drumherum nicht nach meinem Geschmack. Das Rennen hat dann - wie bereits erwähnt - die ST-Nachfolgerin wegen der Ergonomie, des Designs und des Motors gemacht (Dreizylinder, weil ich die noch nie gefahren bin und GT, weil die ST nicht mehr im Angebot war). Die Verhandlungen beim Freundlichen liefen fair und die Abwicklung serviceorientiert ab. Ich glaube der war froh, das Teil verkauft zu haben. Weil das Wetter einer Probefahrt entgegenstand und mein Entschluss eh‘ in Granit gemeißelt war, habe ich die GT ohne Probefahrt erstanden. Umso größer war die Spannung auf die ersten Touren.
Neben den vorgenannten positiven Eigenschaften, begegnete ich - aufgrund gesammelter Informationen und der Inaugenscheinnahme vor Ort - gewissen Dingen mit leichter, nachfolgend zitierter Skepsis:
- Trotz des von mir gelobten Designs fällt der Auspuff eher unter den Begriff „gewöhnungsbedürftig“, schade um den schönen Blick auf das Rad. Vielleicht hätte man ihn kompakter gestalten können.
- Der Sitz ist sehr breit, die Bremshebel sind relativ weit weg und die Lenkerhälften könnten vielleicht noch etwas niedriger angebracht sein.
- Der Lenkeinschlag ließ den Wendekreis eines Tankers vermuten und in Verbindung mit dem langen Radstand erwartete ich ein entsprechendes Handling.
- Auch müsste ich mich wieder um eine Kette kümmern und der Umlenkhebel des Hauptständers erschien mir verbesserungswürdig.
- Man liest, das Getriebe und die BT21 seien keine Offenbarung.
- Ferner war mir bekannt, dass sie max. 230 km/h rennt und das mit moderaten Betriebskosten.
Nun zur Praxis.
Abholen konnte ich sie wegen des Wetters erst Mitte März. Nur 30 km über die A2 und gleich ab in die Garage. Navi anbauen und hin und wieder streicheln, mehr war bei dem Wetter nicht drin. Außer: die Verschiebung der 800er-Inspektion von Woche zu Woche. Erst am 2. Osterfeiertag konnte ich die erste kleine Runde drehen. Es war knapp über null Grad und die BT21 noch nicht eingefahren, entsprechend respektvoll habe ich sie mit kalten Flossen bewegt. Das Handling war besser als erwartet, die Sitzposition sehr angenehm, der Motor – obwohl noch unter Welpenschutz stehend – gefiel auf Anhieb. Getriebe gut, selten hakelig, also auch besser als erwartet.
- Statement: 200 km, Heizgriffe müssen ran und ich freue mich auf die nächsten km. Das Mopped passt anscheinend, das könnte was werden. Gutes Gefühl.
Das Wetter hält die Pferde weiterhin im Stall, aber am Weißen Sonntag treffen wir uns zu einer kleinen Runde. Es ist kalt und einige haben neue Reifen, also wird die Fahrt moderat und erst im Laufe des wärmeren Nachmittags geht’s fast in gewohnter Manier ums Eck. Zu dem Zeitpunkt habe ich auch die Winterhandschuhe gegen Sommerhandschuhe getauscht und schon klappt’s mit der Bedienung. Beim Bremsen sind hohe Handkräfte erforderlich, grad wenn es mehr zur Sache geht. Hierbei vermisse ich eine Kombibremse und muss mich wieder auf Fußarbeit umstellen, was aber schnell geht. Die Gänge flutschen leider nicht so leicht und locker rein, das fällt - wenn’s in der Gruppe rasch gehen soll - doch eher auf. Die Handlichkeit einer R1100S vermisse ich nicht. Innerhalb der Meute bin ich also nicht „auffällig“ und sehr mit der Lady (und mir) zufrieden. Es macht einen Heidenspaß mit der GT, gleichwohl benötigt sie in den Kurven eine deutlichere Hand. Die BT21 haben ihren Job gemacht, aber so richtiges Ur-Vertrauen habe ich in die nicht – diesbezüglich warte ich mal wärmeres Wetter ab. Die Kröpfung der Lenkerhälften ist ok. Nach längerem Sitzen nervt der Sattel etwas, insbesondere die Breite und die seitliche Form (kantig ist zwar modisch, aber rund bequemer). Die Navi-Halterung am linken Lenkerstummel hatte ich vorher noch modifiziert, aber der Blickwinkel zum Bildschirm ist nicht optimal. Bei Sonne blendet der Bildschirm. Allerdings verdeckt das Navi so keine Instrumente. Mit meinem uralten Tankrucksack – der aktuelle passt nicht drauf - ist der Blick aufs Navi auch etwas eingeschränkt.
- Statement: 500 km, Sitzbank wird – wenn es denn überhaupt was bringt – schmaler und anders gepolstert. Für ihr Gewicht und den Radstand meistert die GT das Weserbergland auch in der Gruppe mit Bravour.
Kleiner Ritt unter der Woche um die km für die Inspektion zusammenzutragen und um Spaß zu haben. Und den habe ich. Leider ist es noch kalt und in den Kammlagen liegt noch Schnee. Der Motor gefällt immer besser – tolles Teil, ich könnte ihn umarmen. Das Navi ist heute ohne Tankrucksack und ohne Sonnenschein besser einzusehen. Es geht also, ist aber kein Dauerzustand und es gibt ja Alternativen. Beim Aufwärmen am Straßenrand habe ich mich mal intensiver mit dem Bordcomputer beschäftigt. Naja, die Bedienung ist umständlich und wenn ich mit den Fingern die Tasten betätige, habe ich den Eindruck das ganze Armaturenbrett ächzt. Das Teil läuft unter: „auch schön“.
- Statement: 700 km, bin sehr zufrieden. Der Motor ist ein Sahnestück. Für das Navi muss ich mir bei Zeiten einen anderen Platz suchen. Vielleicht 8er Schraube mit Kugelkopf.
Bei 740 km den Inspektionstermin bei Schwekendick in Hameln (156 €) wahrgenommen und den Sitzbankbeschneider (da geht was) befragt. Die erste längere Tour über die Autobahn ist entspannend, der Windschutz ok. Am nächsten Tag eine Tour mit der Sozia durch das Sauerland unternommen und das war erste Sahne. Tolle Kurven, die Sozia merkt man nicht. Das erste Mopped wo die Helme nicht aufeinanderprallen. Einfach nur toll - die Sozia ist ebenfalls begeistert. Der Soziusbetrieb ist perfekt, mit einer guten Sitzposition auch für lange Strecken. Allein die BT21 sind bei der Nässe am Vormittag nicht vertrauenswürdig. Nachmittags ist es trocken und das macht nur noch Spaß, auch wenn das Getriebe etwas hakelig ist. Die Straßenlage ist erstklassig und den Bremsen kann man vertrauen. Am nächsten Tag geht’s auf der Bahn und durchs Weserbergland zurück. Habe der Sprint mal die Sporen gegeben, aber es war zu voll und so blieben auf dem Bordcomputer 234,6 km/h als Höchstgeschwindigkeit stehen. Ich war noch nicht im Bereich des Abregelns. Und ehrlich: den brauche ich auch nicht. Im Weserbergland geht’s dann wie gewohnt flott durch die Kurven. Tolles Bike!
- Statement: 1.500 km, der Motor hat für mich immer genug Dampf, ob mit oder ohne Sozia. Bisher keine besseres Mopped für den Soziusbetrieb gefahren.
Hier mein Eindruck im Einzelnen:
Das Design gefällt mir sehr gut und auch besser als bei der alten ST. Insgesamt ist es schlüssig, quasi aus einem Guss. Den Auspuff könnte man allerdings schwarz „wegstreichen“, er hätte kompakter sein können.
Die Sitzposition ist für mich sehr gut. Die Sitzhöhe ist ok und ich fühle mich an dem Arbeitsplatz sehr wohl. Allerdings ist die Sitzbank für mich etwas zu breit und zu kantig. Da besteht Änderungsbedarf. Die Tachobeschriftung hätte deutlicher ausfallen können und die Bedienung des Bordcomputers ist umständlich. Das stammt wahrscheinlich noch aus einer Zeit, als man froh war, überhaupt so ein Ding zu haben. Aber heute gehört die Bedienung des Bordcomputers an den Lenker. Mit meiner Navihalterung (am linken Lenkerstummel) bin ich immer noch nicht zufrieden. Der Anbau von Heizgriffen ist vorm nächsten Winter geplant – Tipps? Der Windschutz bei hoher Geschwindigkeit ist ok, könnte aber besser sein. Die Seitenwindempfindlichkeit wird durch die Vollverkleidung erhöht, allerdings war es zum Teil auch extrem böig. Der Soziusbetrieb ist perfekt, der Soziusplatz ebenso. Auf dem Teil ist Platz für Gepäck ohne Ende.
Der Motor ist das Sahnestück und entspricht genau meinen Wünschen. Zieht in jeder Lage an der Kette und zickt nicht rum, immer da, wenn man ihn braucht. So ein richtiger Kerl halt.
Das Getriebe hakelt doch deutlich und teilt allen Verkehrsteilnehmern die Arbeitsschritte lautstark mit – letzteres stört mich nicht im Geringsten. Der Schalthebel muss beim Runterschalten nachdrücklich betätigt werden, um das grobmotorische Getriebe zum Gangwechsel zu überreden. Allerdings soll sich das lt. Inspektions-Freundlichen noch geben. Auffällig waren für mich die längeren Schaltwege, an die ich mich aber schnell gewöhnte. Funktionell leistet die Kette ihren Dienst, aber die Kettenpflege würde ich mir gern sparen. Ein Kardan wäre pflegeleichter.
In Sachen Fahrwerk halte ich beide Daumen hoch. In Relation zum Preis ein toller Gegenwert. Die Fuhre fährt stabil und zieht sauber ihre Bahn. Allerdings habe ich die Einstellmöglichkeiten nicht in Gänze getestet, nur das, was Mann so braucht: Solo- und Soziusbetrieb auf guten und schlechten Straßen. Das Fahrwerk ist relativ straff abgestimmt, arbeitet sauber und gibt deutliche Rückmeldungen, die vermutlich durch die montierten Reifen BT21 manchmal versemmelt werden. Wenn ich den Pilot Road oder einen anderen Reifen aufgezogen habe, werde ich das genau wissen.
Ein 8 cm längerer Radstand im Vergleich zur ST und das relativ hohe Gewicht lassen für das Handling böses ahnen. Da bekommt man schon beim Lesen Respekt. Fährt das Ding überhaupt ums Eck? Und in der Tat, man ahnt die Länge des Fahrzeuges, aber das ist kein Manko. Die Dame ist kein Joghurtbecher und läuft halt gern grade aus und ist damit auf der Bahn eine Wonne. Mit der nötigen Ansage, kann man jedoch auch im engen Geläuf exzellenten Spaß haben – und wie! In der Bewegung spürt man das Gewicht nicht, sie lässt sich auch langsam hervorragend manövrieren. Wenn da nicht das Wenden auf engem Raum wäre. Eine kleine Altstadtgasse oder ein enger Wirtschaftsweg lässt einen die weiße Fahne hissen. Alle anderen sind schon lange wieder im 2. Gang und auf und davon und du bist noch am Rumgurken. Hier wünscht man sich einen größeren Lenkeinschlag und ein paar Kilo weniger. Ja, ok – für den Fahrer auch – längere Beine und mehr Muskeln…
Die Bremsen verrichten ordentlich ihren Dienst, guter Durchschnitt. Jedoch würde eine Kombibremse à la BMW oder Honda der Lady guttun. Hohe Handkräfte - der Fuß macht das mit „links“ - bringen die Fuhre aber immer sicher zum Stehen. Das ABS regelt gut aber relativ grob, das können die o.g. Mitbewerber feiner. Die Einstellbarkeit des Bremshebels ist eher auf die Kanadische Holzfällerkralle als auf die kontinentaleuropäische Bürohengstpfote abgestimmt, besonders auffällig mit Winterhandschuhen. Aber daran habe ich mich auch schnell gewöhnt.
Nun wurde die GT zwar in der Dämmerung, aber nicht bei Dunkelheit bewegt, so dass ich über das Licht eigentlich wenig sagen kann. Jedoch konnten die Mitfahrer die Beleuchtung der GT im Gegensatz zu manchen anderen Motorrädern sehr gut im Rückspiegel erkennen. Es scheint also ganz gut zu sein. Das deckt sich auch mit meinen Eindrücken: bei Dämmerung oder wenn ich zufällig mit der Sprint hinter einem Sprinter(!) stehe, in dessen Hecktüren sich die Beleuchtung spiegelt. Ferner blendeten einige entgegenkommende Dosen - insbesondere mit Sozia – auf (vielleicht auch zu hoch eingestelt). Man sieht mich jedenfalls, gut so. Ist eben wie der Sound ein Sicherheitsfeature.
Hier im Forum gab es ja schon die ein oder andere Diskussion über die Höchstgeschwindigkeit. Und in der Tat stehen 259 km/h in den Papieren obwohl sie bei 230 abregeln soll. Das habe ich jedoch noch nicht getestet. Wie die Angabe in die Papiere gekommen ist, bleibt mir aber trotzdem ein Rätsel. Aber ich nehme an, dass keine GT werkseitig schneller ist – oder?
Der Verbrauch liegt im Schnitt bei 5,385 l (man beachte die drei Stellen hinter dem Komma!); knapp 6 l auf der Bahn, 5,6 im Soziusbetrieb und 5,1 wenn ich allein meinen Spaß habe. Da kann man nicht meckern. Der Tacho weicht ca. plus 3-4% ab.
Die Alltagstauglichkeit ist für mich eindeutig gegeben: gute Sitzposition auch für lange Strecken, guter Windschutz, klasse Motor, tadellose Bremsen, niedriger Verbrauch, geringe Versicherungskosten und viel Platz fürs Gepäck.
Den Unterschied zur ST, die ich nur 100 km gefahren bin, fand ich nicht so gravierend. Das mag an dem großen zeitlichen Abstand liegen. Vielleicht aber auch an dem Underseat-Auspuff der ST (den meine beiden letzten Moppeds auch hatten), der das Gewicht schon ordentlich nach oben verlagert und damit das Mehrgewicht und den Radstand der GT etwas egalisiert. Nach allen vorher eingeholten Informationen bin ich von der Agilität der GT positiv überrascht. Vielleicht kann ich irgendwann nochmal zum Vergleich eine ST bewegen.
Meine anfänglichen Bedenken wurden schnell zerstreut. Vieles, was mir im ersten Moment als unpassend erschien, stört mich jetzt nicht mehr, ganz im Gegenteil (Blinker, Kofferhalterungen, Bremshebel, Hauptständer, etc., ja sogar Auspuff und Getriebe). Sie ist halt so. Es war eindeutig die richtige Entscheidung und ich glaube es hier im Forum gelesen zu haben: die GT sei ein verkanntes Motorrad. Das kann ich nur unterschreiben. Sie ist ein rundherum tolles Teil Technik mit kleinen verzeihbaren Macken und einem kraftvollen Herzen das sehr gut zu mir passt.
Jetzt ist sie auch meine
Ich hoffe es war nicht zu langatmig – wollte mir halt nur mal meine Freude von der Seele schreiben.
Alf